Gibt es genügend Strom für alle Elektrofahrzeuge?
Pate der Frage: Prof. Dr. Sandra Krommes, Technische Hochschule Rosenheim
Das Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung ISI hat einen Bericht mit dem Titel „Batterien für Elektroautos: Faktencheck und Handlungsbedarf“ im Januar 2020 veröffentlicht und gibt darin u. a. nachstehende Antwort auf die Frage, ob die Strommenge reicht und die Stromnetze für die E-Mobilität gerüstet sind (vgl. Bericht Seiten 20 und 21).
Würden alle Pkw (circa 45 Millionen) in Deutschland als Batteriefahrzeuge fahren, dann stiege die Stromnachfrage um circa 20 Prozent. 2030 werden Prognosen zufolge circa 7 bis 10 Millionen E-Fahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sein. Dies wird wesentlich getrieben durch die EU-Flotten Grenzwerte für CO2. Hierdurch erhöht sich die Stromnachfrage bis 2030 um 3 bis 4,5 Prozent bei voraussichtlich gleichzeitig sinkender Nachfrage nach Kraftstoffen.
Damit wird es bei einigen Stromverteilnetzen Anpassungen und Mehrinvestitionen zur Ertüchtigung der Netz- und Betriebskapazitäten geben, die sich allerdings in einem überschaubaren Rahmen halten. Der sogenannte Gleichzeitigkeitsfaktor liegt bei rund 30 Prozent, das heißt nur 30 Prozent der E-Fahrzeuge laden gleichzeitig. Berücksichtigt man, dass Pkw in Deutschland zu 95 Prozent ihrer Zeit stehen, die überwiegende Beladung zu Hause und am Arbeitsplatz erfolgen wird (zu circa 80 bis 90 Prozent) und dort in der Regel ein Stromanschluss verfügbar ist, so ist zudem ein gesteuertes Laden realisierbar. Das heißt, es wird gezielt zu Zeiten von Stromüberschuss geladen oder wenn wenig andere Verbraucher im Netz Kapazitäten benötigen. Bei leistungsabhängigen Stromtariffen (v.a. Gewerbe und Industrie) sind dies oftmals Zeiten mit niedrigen Strompreisen und mit einem hohen Einspeisungsanteil an Erneuerbarer Energien. Hierdurch erzielt man einerseits Kostenvorteile und kann andererseits zur besseren Systemintegration von Erneuerbaren Energien beitragen. Eine gewisse Unsicherheit besteht allerdings, inwieweit die Nutzer von E-Pkw an solchen Maßnahmen teilnehmen werden. Hier gilt es Anreize zu schaffen, die das Nutzerverhalten berücksichtigen sowie ökologische mit ökonomischen Vorteile vereinen.
Weiterhin trägt die Elektromobilität durch die Netznutzungsentgelte, die bei jedem Stromnachfrager anfallen, zur Finanzierung des Verteilnetzausbaus bei. Die Elektromobilität erhöht den Stromabsatz und die Einnahmen von/ bei Netznutzungsentgelten.
Derzeit wird zudem erforscht, ob es in Zeiten mit viel Reiseverkehr an öffentlichen Schnellladepunkten an Autobahnen zu Engpässen kommen kann und wie man diese überwindet. Inwieweit hierzu ein lokal begrenzter Netzausbau notwendig wird oder eine Pufferung durch stationäre Energiespeicher eher zielführend ist, ist noch offen. Auch muss der sukzessive Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur, insbesondere für sogenannte Laternenparker, in Abhängigkeit des Wandels zu E-Fahrzeugen und anderen Mobilitätskonzepten erfolgen. Schon heute wird der Ausbau öffentlicher Ladeinfrastruktur mit hohem Engagement vorangetrieben.
Insgesamt wird der Anstieg an Investitionen in Verteilnetze durch die Elektromobilität also überschaubar bleiben. Finanziert wird er durch die höheren Einnahmen beim Stromabsatz. Weiterhin sollte gesteuertes Laden gefördert werden, um die Investitionen deutlich zu senken. Das Laden überall, gerade auch beim Arbeitgeber und zu Hause, sollte dabei ermöglicht werden.
Den gesamten Bericht finden Sie unter https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/cct/2020/Faktencheck-Batterien-fuer-E-Autos.pdf.
Literaturverzeichnis:
Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung ISI: Publikation „Batterien für Elektroautos: Faktencheck und Handlungsbedarf“, Januar 2020.